Hallo allerseits
Ich "reaktiviere" einen etwas älteren Beitrag. Eigentlich bin ich per Zufall auf dieses Thema gestossen.
Ich kann mich als Swisscom Mitarbeiter "outen". Meine Tätigkeitsbereich ist der Netzbau, welcher wiederum bestehende wie auch Neubauliegenschaften umfasst. Deshalb, so denke ich, kann ich etwas Licht ins Dunkle bringen.
Vielleicht holen wir ein bisschen aus. Gesetzlich ist die Swisscom im Rahmen der Grundversorgung verpflichtet, jede Liegenschaft mit einem Telefon/Internetanschluss zu versorgen. Ob dies nun über Kupfer, Glasfaser, Satellit oder 4G/5G Mobilfunk passiert, ist der Swisscom überlassen. Natürlich spielt bei dieser Entscheidung der wirtschaftliche Faktor eine grosse Rolle.
Bestandesbauten:
Bestehende Gebäude haben zu 99% einen Kupferanschluss von Swisscom. Vor 30 Jahren konnte man seine Telefondienste nicht über Koax beziehen. Deshalb war Swisscom resp. die Telecom PTT das einzige Unternehmen mit einem flächendeckenden Telefonnetz.
Da man heutzutage eine grössere Auswahl hat, ist man nicht mehr gezwungen, die Kupferleitung zu nutzen. Daher kommt es immer wieder vor, dass Eigentümer die Kupferleitung entfernen lassen. Dies muss zwingend über die Swisscom beauftragt werden, da das selbständige abbrechen/abschneiden von Kupferleitungen theoretisch eine Straftat darstellt (mutwillige Beschädigung von Fernmeldeanlagen). Die Leitung ist bis und mit Übergabepunkt im Haus im Eigentum von Swisscom.
Beauftragt man den Rückbau bei Swisscom, dann muss der Eigentümer eine Verzichtserklärung unterzeichnen. Darin verzichtet der Eigentümer auf die Grundversorgung und willigt zudem ein, spätere Wiedererschliessungen zu Lasten des EGT ausführen zu lassen.
Neubauten:
Es ist korrekt, dass primär FTTH erschlossen wird. Natürlich gibt es Gebiete, in denen ein Glasfaserausbau noch nicht geplant ist und entsprechend die Ausrüstungen in den Ortszentralen (noch) fehlen. Dann wird ein Kupferkabel gelegt. Dies sind mittlerweile aber Einzelfälle.
Auch hier: Meldet man bei Swisscom via connectnow keinen Neubau an, so wird auch keine Erschliessung ausgeführt. Eine Neubauerschliessung ist i.d.R. bis zur Parzellengrenze kostenlos. Braucht es Rohre von der Parzellengrenze bis zum Haus, dann ist der Bauherr in der Pflicht, diese nach Swisscom Montagevorschriften zu verlegen. Somit entstehen lediglich Kosten für die Verlegung von Rohren und der Inhouse Installation Kupfer. Ist der Neubau bereits in einem von Swisscom ausgebauten FTTH Gebiet, so wird das Haus kostenlos angeschlossen.
Gemeinde noch nicht mit FTTH ausgebaut
Wohnt man in einer Gemeinde, in welcher noch kein Glasfaser gebaut ist, kann man dennoch bei Swisscom einen Einzelanschluss beantragen. Wir nennen dies fiber on demand. Hier werden aber Kosten für den EGT fällig. Dies, weil man für den Kunden einen FTTH Anschluss planen muss, teilweise Werklöcher für den Kabelzug öffnen muss, je nach Distanz mehrere Schächte öffnen oder gar aufgraben, Kabel spleissen, Kabel aufschalten etc. Daher wird der Kunde zur finanziellen Beteiligung aufgefordert. Dies sind dann Kosten zwischen 3000-8000 Fr. Je komplexer das Projekt, desto höher die Beteiligung. Da die Grundversorgung über das bestehende Kupfer bereits gewährleistet ist, ist Swisscom nicht verpflichtet, einen FTTH Anschluss kostenlos zu bauen. Deshalb empfiehlt es sich, den FTTH Ausbau in der Gemeinde abzuwarten.
FTTH Erschliessung abgelehnt
Wer während des Rollouts eine Erschliessung verweigert hat, nach 1-2 Jahren aber doch noch eine Erschliessung will, muss diese Aufwände bezahlen. Dies ist aber gesamtschweizerisch über alle Netzbetreiber hinweg so. Also auch bei EW oder Gemeindenetzen. Aus dem gleichen Grund wie bei fiber on demand. Die Kosten sind meist aber tiefer, da die FTTH Infrastruktur bereits im Quartier oder in der Strasse verbaut ist. Dann muss man meist nur noch etwa 50-100m Glasfaserkabel einziehen und kann dieses direkt im Schacht spleissen. Da braucht es nicht unzählige Werklöcher oder Schächte zum öffnen. Deshalb die Preisdifferenz.
Generelles zur FTTH Erschliessung
Kommt Swisscom auf Eigentümer zu bezgl Erschliessung, dann ist diese kostenlos. So etwas ist aber eher selten, da viele EWs für die Ersterschliessung bereits eine Pauschale verlangen. Es gibt i.d.R. keinen Grund, die Ersterschliessung abzulehnen. Dies ist quasi auch eine Wertsteigerung der Immobilie.
Heute bauen wir im Regelfall das Glasfaserkabel bis in den Keller oder Hausanschlusskasten. Dort verbleibt das Kabel. Bestellt der Kunde nun einen FTTH Anschluss, so wird ihm die OTO Dose gebaut. Auch hier i.d.R. kostenlos, ausser der EGT wünscht die Dose an einem für die Installateure sehr aufwändigen Ort (Wand- und Bodendurchbrüche notwendig, Kabelkanäle etc)
Noch eine wichtige Ergänzung;
Die Swisscom ist aus gesetzlicher Sicht nicht verpflichtet, überall einen FTTH Anschluss zu bauen. Der Bau eines solchen muss wirtschaftlich Sinn ergeben. Die Art der Grundversorgung (siehe oben) kann also durch Swisscom festgelegt werden.
Natürlich ist es im Interesse von Swisscom, möglichst jede Liegenschaft mit FTTH zu erschliessen, da wir die Kupfernetze bis ca 2035 gerne komplett ausser Betrieb nehmen möchten. Jedoch gibt es auch heute noch einige Hürden bei der Erschliessung, weshalb es punktuell bei Neubauten dennoch zu einem Kupferanschluss kommen kann. Dies versuchen wir aber zu vermeiden.
In ländlichen Gebieten bauen wir auch vermehrt FTTH über die bestehende Freileitung. Dies hat einen einfachen Grund; Meistens gibt es dort weit und breit keine bestehende unterirdische Rohranlage. Heutzutage wollen die wenigsten ein Rohr von Swisscom quer durch den Garten oder die Wiese, nur damit der Nachbar einen unterirdischen Glasfaseranschluss bekommt. Daher nutzen wir die Freileitung hierfür. Der Ausbau kann schnell und unkompliziert erfolgen. Der Kunde bekommt einen vollwertigen FTTH Anschluss.
So. Nun hoffe ich, etwas Licht ins Dunkle gebracht zu haben

bei Fragen einfach fragen.
Grüsse
Peter